Bissel den Eindruck, ihr wollt einerseits die Leute auf der Vogelseite überzeugen, das hier wäre ein tauglicher Ersatz oder könnte mit ihrem Support ein solcher werden, und gleichzeitig, das hier sei ganz anders, und das auch gut so und sollte so bleiben. Und die Differenz sei irgendwas mit mehr Flausch, weniger Polarisierung, mehr Kleingärtnerei, weniger Durchsuchbarkeit, mehr Nachbarschaft, weniger Nachrichten.
Das negiert freilich andere Ziele, für die Leute die Vogelseite nutzen, und kommt mir bissel anti-kosmopolitisch vor, und Ba Sing Sei. Klaro braucht man auch Safe Spaces, ein Dorf mit Freunden, aber viele Leute haben das schon auf anderen Plattformen mit weniger Infrastrukturstress (z.B. Discord). Und klaro braucht es Alternativen zu einer Öffentlichkeitsherrschaft durch Musk & Co., aber dann muss man anerkennen, dass eine Öffentlichkeit auch ganz andere Funktionen erfüllt als die Unterschiede, für die ihr das Fediverse lobt.
Das hier hat sicher seinen legitimen Platz, mindestens als Community für ganz bestimmte Subkulturen. Aber mir fehlen hier nach wie vor der Melting Pot, die Sichtbarkeit des Anderen, die Auffindbarkeit des Entlegenen, die Konfrontation mit Widerspruch, die Globalität und das Chaos. Und ich hör zwar ständig: Hilf mit, dass es wächst, stärke die Alternative. Aber dann: Nein, in diese und jene Formen soll es freilich nicht wachsen, das ist ja grad, von was wir weg wollen. Für mich fühlt sich das an, als verkenntet ihr die Vielfalt der Bedürfnisse, mit denen Menschen die Vogelseite nutzen oder auch gerade eine Alternative zu ihr suchen.
@benni Ich glaube, ich habe gar nicht von Hass gesprochen? Den Versuch halte ich natürlich für unterstützenswert, darum mühe ich mich ja sogar mit einer eigenen Pleroma-Instanz ab. Aber ich sehe da im Fediverse mit seinen derzeitigen Strukturen und Prioritäten bestenfalls einen kleinen Teil der Lösung, der vieles mir Wichtige einfach so gar nicht abdeckt, wie das im Gegensatz z.B. auf diverse "proprietären" Plattformen wie der Vogelseite oder TikTok geschieht. (Was ich dort beobachte, ist auch keine einfache Unterwerfung der Öffentlichkeit durch die Medienmogule, sondern ein Endlos an widerständigen Nutzerpraktiken, die sich Öffentlichkeit sehr anders aneignen als durch Linuxprogrammiererei und Instanzpolitiken.)
@benni Naja, die Vogelseite ist ja auch anderthalb Jahrzehnte später immer noch ziemlich prall an Blüte, ich entdeck da für mich immer noch ständig tolle neue Sachen und Menschen. Das mit dem "Aussaugen" kann ich für mich nicht nachvollziehen, woran machst du das fest?
@benni Du meinst, das liegt an der Vogelseite?
@benni Da nehmen wir offenbar zwei sehr unterschiedliche Vogelseiten wahr.
@benni Naja, auf die "Trends" guck ich vielleicht einmal im Jahr, und die sind bei mir eh alle englischsprachig. Vielleicht hilft es, sich seine TL eher international statt deutsch zusammenzuklicken? (Deutsches Fernsehen konsumier ich ja auch nicht.) (Das kommt bei mir ja schon dadurch zustande, dass ich eher nach Amerika-Zeitzonen lebe, und gerne zu meinen Wachzeiten Action haben will, wo hierzulande die Meisten schlafen.)
@benni Die "Trends" sind so ein gamifiziertes Trommelwerkzeug, dass die Vogelseite natürlich als Engagement-Dings zu pushen versucht, logisch dass daraus ein kleines 4chan wird, das macht sie aber doch auch für die Nutzung ziemlich uninteressant, ich selber kann mir gar nicht vorstellen warum man sich da je reinklicken sollte. Daran vorbei ziehen andere wesentliche Öffentlichkeits-Momente der Seite, die Dialoge der hunderttausend Nischen-Communities die dort miteinander kommunizieren etwa, ohne je genug Masse für einen Trend erreichen zu können. Dass die Trends von Kampagnen gegamed werden, macht diesen ganzen Rest ja nicht weniger funktional.
Ich hab den Eindruck, du hast ganz bestimmte Nutzungsweisen der Nutzung der Vogelseite gefressen und als Hass oder Trigger o.ä. für dich entdeckt, und das ist ja ein fairer Grund, woandershin auszuweichen, aber es ist als Analyse der Öffentlichkeitsfunktionen der Vogelseite eben doch unzureichend und eher eine Nischenperspektive. Kampagnen zur Etablierung von Alternativen, die nur diese "die Vogelseite ist nur Hass und völlig nutzlos geworden"-Analyse zustande bringen, versagen als Argument für die Millionen von Menschen, für die die Vogelseite nach wie vor viel viel mehr als Müll ist. Bei den Reaktionen auf die Musk-Übernahme derzeit gibt es z.B. sehr viel "wohin retten wir dieses gigantische Gute, was wir hier haben, bevor Musk es zerstört?", das eben eine ganz andere Prämisse ist als "hier ist eh schon alles kaputt und Müll, wir hätten schon gestern woandershin wechseln müssen".
Ich hab den Eindruck, du hast ganz bestimmte Nutzungsweisen der Nutzung der Vogelseite gefressen und als Hass oder Trigger o.ä. für dich entdeckt, und das ist ja ein fairer Grund, woandershin auszuweichen, aber es ist als Analyse der Öffentlichkeitsfunktionen der Vogelseite eben doch unzureichend und eher eine Nischenperspektive. Kampagnen zur Etablierung von Alternativen, die nur diese "die Vogelseite ist nur Hass und völlig nutzlos geworden"-Analyse zustande bringen, versagen als Argument für die Millionen von Menschen, für die die Vogelseite nach wie vor viel viel mehr als Müll ist. Bei den Reaktionen auf die Musk-Übernahme derzeit gibt es z.B. sehr viel "wohin retten wir dieses gigantische Gute, was wir hier haben, bevor Musk es zerstört?", das eben eine ganz andere Prämisse ist als "hier ist eh schon alles kaputt und Müll, wir hätten schon gestern woandershin wechseln müssen".
@benni Meine Wahrnehmung ist nach wie vor eher, dass sich bezüglich all der Nischen die mich näher interessieren würden hier nix zu finden gibt, sei es nun mangels Existenz oder mangels Volltextdurchsuchbarkeit oder mangels sonstiger Vernetzungspotenz der Infrastruktur (immer wenn ich frage, wer weiß Accounts zu x?, krieg ich bestenfalls marginalste Vorschläge). Während's auf der Vogelseite läuft (eines der besten Tools hierfür wirklich: die Volltextsuche, und zwar eben nicht nur auf Hashtags). Wir haben da offenbar einfach gegensätzliche Empirie. Aber wie ich ja schon schrieb – für /bestimmte/ Communities scheint das hier prima zu funktionieren (z.B. das CCC-typische Publikum), und das ist ja auch super so, und weiter fördernswert. No one size fits all. (Aus meiner Sicht am Interessantesten und sozial Produktivsten ist es BTW grad auch gar nicht etwa auf der Vogelseite, sondern z.B. auf TikTok, Discord, Twitch …)
@benni Naja, die Vergleichsebene hier ist ja nicht mit die Schaffung einer großen Mainstream-Öffentlichkeit (wie sie diese "Trends" simulieren), die gibt es hier ja schon aufgrund der Struktur überhaupt nicht und soll es wohl auch gar nicht geben. Das war so eine Sache im 20. Jahrhundert, und wir lernen doch nun schon seit Jahrzehnten, uns davon zu verabschieden. Kennst du noch Nicht-Rentner, die 20 Uhr die Tagesschau einschalten?
- replies
- 0
- announces
- 0
- likes
- 1
@benni Dafür, dass du der Vogelseite längst den Rücken gekehrt haben willst, hast du ein sehr konkretes Bild davon, wie es dort derzeit für alle und jede zu sein scheint. Meine Erfahrungen sind wie gesagt sehr andere. Ich glaube, du schließt von deinen persönlichen Erfahrungen und denen deiner spezifischen Umfelder etwas zu schnell auf die von Hunderten Millionen Anderer mit sehr anderen Bedingungen als den deinen.
@benni @iromeister Die gibt es "drüben" ja auch nicht!
@benni Ich sehe nicht, wo ich diese Leute ignorieren würde, indem ich darauf aufmerksam mache, dass die Vogelseite nicht nur daraus besteht. Dass es diese Tendenzen gibt, negiert nicht die Nützlichkeiten, die die Vogelseite gleichzeitig gerade für Marginalisierte hat, z.B. Schaffung von Sichtbarkeit, gegenseitiger Auffindbarkeit, breite Organisierungsmöglichkeiten. Einiges davon verspricht auch das Fediverse, Einiges sabotiert es aber auch strukturell. Vielleicht lassen sich manche dieser Benefits gar nicht herstellen ohne manche dieser Probleme. Ich habe nicht den Eindruck, dass die Fluchtbewegungen alle Richtung Fediverse laufen. Ein TikTok etwa profitiert sicher auch von der Frustration mit der Art von Öffentlichkeit, wie sie sich im Fediverse breit gemacht hat. Soziale Bewegungen und Kämpfe brauchen halt auch mehr als nur Safe Spaces.
@benni s/wie sie sich im Fediverse/wie sie sich auf der Vogelseite/
@benni Ich sehe Funktionen, die die Vogelseite besser erfüllt als das Fediverse, und dass das auch so bleiben wird, weil das Fediverse sich gezielt an diesen Funktionen vorbei bzw. von ihnen weg entwickelt. Was auch ok ist, denn das Fediverse muss ja nicht alle Funktionen erfüllen. Aber dann finde ich es auch unehrlich, es als zwangsläufige Alternative zur Vogelseite darzustellen. Und ich finde es ein wenig arrogant, mangelndem Willen zur Migration ins Fediverse zu unterstellen, ein Teil des Problems zu sein, wenn das Fediverse selber eben auch nur einen Teil des Problems lösen kann.